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schandfleck.ch_archiv/1999/nr.2
daniel costantino
krieg
krieg im kosovo.

sie protzen mit ihren waffen. kein tag, an dem uns nicht funktionstechniken erklärt, zielgenauigkeit und treffsicherheit demonstriert, zerstörungspotential vor augen geführt werden. sie haben jahre daran gebaut, jahrzehnte geforscht und entwickelt. jahrhunderte, alles in allem. sie haben herausgefunden, wie man menschen verschreckt, bedroht, vernichtet. viele, sehr viele, einzelne, je nachdem. auf einen schlag, peu à peu. wie man sie überwachen kann und kontrollieren, wie man sie erpresst und vergiftet, wie man sie terrorisiert, zerbombt und hundertmal verkohlt. oder wie man sie leben lässt, weil sie noch von nutzen sein könnten, und nur ihren besitz zerstört, ihre strassen, ihre häuser, ihr vieh. überhaupt können sie jederzeit alles tun, was ihnen einfällt, wir sagen ja. denn sie kontrollieren auch unsere gedanken. sie haben uns zweitausend jahre lang ein christentum eingebläut, dass uns hören und sehen und denken vergangen ist. unser reflex zu gehorchen sitzt uns längst in den genen. sie haben alles im griff. ihre feinde, unsre feinde. ihren glauben, unsern glauben. landstriche, staaten, kontinente - den ganzen erdball. beherrschen oder wegpusten. je nachdem. sie wissen auch, was er kostet, der krieg, und sie dürfen es uns auch sagen. wieviel in zeiten des waffenstillstands die produktion der waffen, die ausbildung der truppe, die observation des feindes hienieden und aus dem weltall; wieviel in zeiten, wo er stattfindet, jede zerschossne rakete, jeder eingesetzte bomber, haargenau pro stück und tag und jahr. sie wissen, wir arbeiten und zahlen. unsere freiheit liegt darin, dass wir arbeiten dürfen und zahlen können, unsere würde, unser menschenrecht. und wenn er kommt, der krieg, dann ziehen wir auch ins feld für unsere demokratie und unser christliches vaterland, und die andern, die feinde, tun es unter denselben umständen unter demselben oder etwas anderem namen. dann morden wir alle und brandschatzen und sterben dafür. für unsere freiheit, zum schutze unserer verfassung, für den frieden. hinter den kulissen, hüben und drüben, lacht man darüber und freut sich über guten geschäftsgang.

was ist ein verbrechen? wer ist verbrecher? wir entnehmen die antwort unseren gazetten. wir glauben unsern politikern, denn wir haben sie ja selbst wählen dürfen. wenn wir oder unsere freunde alles unterjochen, ausbeuten, abmurksen, heisst dies friedensbewahrung. töten die andern, die feinde, ist das vertreibung, säuberung, völkermord. was ist ein verbrechen? wir haben, nein, wir sind freie rechtsstaaten! jedes unserer gesetzbücher ausdruck der ideologie unseres establishments, geschrieben von der uns beherrschenden minderheit, und deshalb brüllen auch unsere medien: das ist ein gerechter krieg! es ist ungerecht, einen zu ermorden; höhere gerechtigkeit, ja unsere pflicht, es tausend- oder millionenfach zu tun! dann heisst killen humanitäre hilfe leisten, dann ist militarismus ein synonym dafür, menschen weltweit in ihren konflikten zu "helfen"!

arglistige, dummmachende täuschungen und glorifikationen, zynische heuchelei, uns kettenhunden, die wir von freiheit träumen, zum frasse hingeworfen, und wir fressen freudig und winselnd den dreck. wir glauben nicht, dass die erpressung der wehrpflicht, dass einschüchterung mit militärischer bedrohung und ausübung militärischer gewalt immer etwas schlechtes sei, was jedes kleine kind begreifen würde. wir glauben nicht, dass regieren gewöhnlich nichts anderes heisst als gerechtigkeit verhindern, für viele möglichst wenig, für wenige möglichst viel zu tun. dass unser system keine vorstufe der gerechtigkeit ist, sondern ihr vorbeugt. wir schlucken einfach alles. wir besaufen uns am dreck, durch den man uns zieht.

die spreu trennt sich vom weizen. mancher, den wir gestern für einen pazifisten hielten, für einen "kriegsdienstverweigerer aus gewissensgründen", redet heute dem sauberen krieg der nato das wort. ein beweis dafür, dass der militarismus, aufbauend auf gehorsam und unfreiheit der menschen, schon in "friedenszeiten" geistige und intellektuelle opfer fordert. unsere westliche gesellschaft, die sich angeblich dermassen militärisch schützen muss, ist unfrei. dass das gegenteil vorgetäuscht wird, macht sie zudem korrupt bis ins mark. ein sklave ist ein sklave. behauptet er, ein freier zu sein, ist er ein idiot.

wir dürfen nicht an die humanität und an die humanitären ziele der nato-intervention im kosovo glauben. sie ist nicht nur deshalb schlecht, weil keiner der interventionisten, schon gar nicht die usa, moralisch gut beleumdet ist, sondern weil sie unmenschlich ist wie jeder krieg und weil sie, wie jeder krieg, die korruption, die amoralität und die unmenschlichkeit weiter fördert. auch bei uns.

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