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schandfleck.ch_archiv/1998/nr.2
ralf winkler
 

ein wahrhaftes und aufrechtes leben ist zivildienst genug

erstpublikation 1990 im zusammenhang mit der gsoa-diskussion um den "aufruf zur tat" und einen endlich auch in der schweiz einzuführenden, "würdigen" zivildienst. der autor und die redaktion halten die stellungnahme von damals für immer noch überaus aktuell.

was ist ein "zivildienst"? was ein "würdiger zivildienst"? wer bestimmt, was "zivildienst" und was "würdig" zu sein hat? der "zivildienst" - ob "würdig" oder nicht, ob bloss idee oder vorhandene organisation und "alternative", ist, so sehe ich es, ein kind des militärdienstes resp. der durch das krebsübel militärischen gewaltdenkens ins gehirn eingefressenen idee, militärdienst (und sei er noch so verheerender fehldienst) "müsse sein". und da diese seuche, dieses übel, angeblich schon "sein muss", so lag bei einigen der von dieser pest befallenen, an ihr leidenden menschen der gedanke nahe, dass, wenn "dienst" schon "sein muss", dann lieber eine alternative zu ihm in form eines etwas sinnvolleren "zivildienstes". wobei vergessen ging oder gar nicht begriffen wurde, dass weder obligatorischer fehldienst (in unmoralischen, auf brutaler gewaltanwendung basierenden unheilsarmeen) noch aufgezwungener oder gnädigst zugebilligter "zivildienst" längerer oder kürzerer dauer tatsächlich sein muss. schon deshalb nicht sein muss, weil ein ziviles, vom menschenunwürdigen zwang des tötens, zerstörens, roboterhaften fehlfunktionierens innerhalb mörderischer unheilsarmeen befreites leben zivilisierter menschen, welche ihrer vernunft, ihrem gewissen, ihren einsichten und ihrem eigensten wesen folge leisten, die ihre ureigensten aufgaben erkennen und erfüllen, des "zivildienstes" durchaus genug ist.

wer seine eigene natur wahrnimmt, in erkenntnis seines eigenen wesens seine aufgabe sieht und möglichst getreulich erfüllt in freiheit - dabei respektiert und, wo`s not tut, unterstützt durch andere freie wesen - der leistet ohnehin seinen individuellen "zivildienst". und das lebenslänglich. folglich kann er gar nicht zu "längerdauerndem zivildienst" verpflichtet, sondern höchstens durch einen ihm staatlich, gesellschaftlich aufgezwungenen unsinnigen zuvieldienst von der erfüllung seines zivilen dienstes abgehalten werden. zum schaden des wohls aller und zum "nutzen" der vergrösserung eines ohnehin schon beträchtlichen chaos. wenn da oder dort gefordert wird, "militär- und zivildienst müssen gleich lang dauern" und "der zivildienst muss friedensrelevant sein", so ist dazu zu sagen: individuelles, in übereinstimmung mit seiner vernunft, seinem gewissen, seinem wahrheits- und gerechtigkeitssinn, seinem von einflüssen von krankheit und perversion nach möglichkeit geschützten wesen ist friedensrelevant. militär- und zivildienst müssen nicht gleich lang dauern, denn militärischer fehldienst muss überhaupt nicht sein, hat schon zu lange gedauert und gehört schleunigst abgeschafft. hingegen zivildienst in freiheit, seinem eigentlichen, gesund sich entfalten könnenden wesen gemäss, hat - da segensreich - möglichst lange zu dauern.

doch wie soll ich den unsinn einer idee obligatorischen "zivildienstes" (entsprungen der allzulangen verseuchung durch militärisches fehldenken) plausibel machen? vielleicht durch beispiele aus dem tierreich? angenommen, da lebt ein schlichter wurm, der sich durch das erdreich bohrt, damit den boden lockert, sich von abgestorbenen gräsern und pflanzenteilen ernährt und sie zu wertvollem humus verwandelt. soll nun dieser wurm gezwungen werden, sich in die gesamtverteidigung, in den "zivildienst" einspannen zu lassen, nur weil ein anderer armer wurm - oder deren mehrere - irrsinnig wurde, sich darauf militärisch betätigte und zu einem "tüchtigen landesverteidiger" wurde, dem es missfällt, wenn sein bruder wurm einfach so friedlich und nützlich dahinwurmt? soll dem letzteren befohlen werden: "poliere die stacheln der uns verteidigenden igel! bohre - als dein alternativer zivildienst - eine wohnliche höhle in den harten gotthardfels, damit unsere beschützer, die igel, sich darin verkriechen können, um uns besser gegen anrollende panzer und anfliegende atomraketen wirksam schützen zu können!"? das würde, müsste doch schief gehen. wohl ebenso schief, wie wenn dem apfelbaum befohlen würde: "leiste, gleich jedem guten vaterlands- und mutterbodenverteidiger, schutz- und zivildienst! bilde statt deiner blätter, äste und äpfel stachlige früchte in Form von ross- oder unseretwegen edelkastanien, marke ch, damit wir, ähnlich wie bei der schlacht am morgarten, unsere sicherlich schon im anmarsch befindlichen feinde mit diesen stachligen kampfgeschossen von unserer high-matt (heimat) fernhalten können!"

zuvieldienst ist eine furz-idee. zumindest dann, wenn leute sich als igel fühlen, in ihrem wahn als "pflicht" getreulich ihre igel-einroll- und stachelaufstell-übungen machen (als "sicheren schutz" gegen tanks und atomraketen) und dabei neidisch auf den "drückeberger" vogel (sei's eine taube, ein spatz oder geier) werden, der da "einfach so nutzlos in der luft umherschwirrt" ("wo wir uns dermassen abkrampfen müssen"), und die darauf diesem "miesen vogel" einen "längerdauernden" zwangsarbeitslager-zuviel(fehl)dienst verordnen, wo er etwas angeblich "nützliches" verrichten soll (z.b. eine völlig verfehlte, seinem wesen nicht entsprechende, ihn überfordernde scheissarbeit zwecks "vorsorge"). um es kurz zu machen: zivildienst findet von selber da statt, wo der zwang zu militärischem oder anderem unsinnigen fehldienst wegfällt und wo die unverbildete, von vergewaltigungen bewahrte natur des menschen mit all ihrem reichtum und ihrer eigenart sich entfalten kann.
gegen einen freiwilligen, vernünftig organisierten zivildienst habe ich nichts einzuwenden, wenn`s dem einzelnen spass macht und er jederzeit damit aufhören kann, wenn`s ihm wenig sinnvoll und ihn von anderen, gescheiteren und notwendigeren tätigkeiten abhaltend erscheint. aber ich sperre mich gegen zwang, gleichschaltung, missbrauch, vergewaltigung und abrichtung zur willigen, billigen und völlig unkritischen "arbeitskraft", zum sklaven jeglichen systems.

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