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schandfleck.ch_archiv/2000/nr.2
daniel costantino
 
zivildienstkommission: abschlägiger bescheid
es mag unsere leserinnen und leser interessieren, welche gesuche um zivildienst abgelehnt werden, auf welche art und weise, nach welcher richtschnur; im ganzen sind es um die 20 bis 25%, und es sei hier einmal an einem beispiel analysiert, pars pro toto, wie es dazu kommen kann.
der gesuchsteller, nennen wir ihn peter, schrieb in seinem seitenlang wohlbegründeten gesuch unter anderem folgendes:
"die moral, die angesichts der 160 kriege nach dem 2. weltkrieg und der jährlich 16 millionen verhungernden menschen nötig ist, stellt das tatsächliche sittliche verhalten und die dafür bestimmenden überzeugungen dar, die sich also von der etik als der filosofischen idee vom wesen des sittlichen (teorie) unterscheidet. bevor ich mich mit deren inhalten auseinandersetze, bedarf ich noch einer voraussetzung, um meine moral zu begründen: die reinen materialisten glauben, dass der wille und das bewusstsein des menschen ein produkt der materie seien und folglich dem kausalgesetz von ursache und wirkung unterliegen, so dass sich jedes geschehen - durch die chemischen prozesse im körper bedingt - als notwendig erweist. dieser determinismus schliesst aus, dass der mensch sein verhalten zum teil wählen kann; aber die etik (die lehre von gut und schlecht) basiert auf dem glauben einer gewissen freiheit, dem ich mich anschliesse, da die tragik des menschseins sonst in der resignation oder in der bejahung des lebens trotz aller leiden anstelle einer etischen lebensweise zu finden wäre.
menschsein bedeutet für mich, in der zeit und der jeweiligen konkreten situation sein, so dass das menschliche dasein auch immer individuelle existenz ist. der anspruch auf eine allgemeingültige, objektive moral liegt mir fern, womit ich die grundlage meiner moral, die toleranz heisst, kurz umschrieben habe. ich wähle einen etischen, subjektiven lebensstil, weil ich glaube, dass die psychische integrität des einzelnen und das fysische überleben, angesichts des drohenden ökologischen kollaps' oder der nuklearwaffenarsenalproblematik in russland, der menschheit davon abhängig ist, ob der mensch zurück zur moral findet oder sich die werte durch gesellschaft ("geld regiert die welt"), militär ("die masse mensch") und kirche ("die absolute wahrheit") befehlen lässt. ich finde es offensichtlich, dass der mensch ein lebewesen ist, welches inmitten von andern lebewesen leben will und demzufolge der respekt vor dem leben als grundlage meines lebens gilt, so dass ich mich vegetarier und pazifist nenne. mein etisches gesetz veranlasst mich, den frieden nicht mit mitteln der gewalt und destruktivität zu suchen, so dass ich auch ein verfechter der menschenrechtskonventionen der vereinten nationen bin. die armee muss, um die hemmschwelle zum töten zu senken, mit feindbildern arbeiten, die sich im krieg insofern manifestieren, als dass dem feind das recht zu leben abgesprochen wird. ich leugne den selbsterhaltungstrieb nicht, aber der mensch könnte solche extremsituationen verhindern, denn kriege beginnen im geist des menschen, so dass auch im geist des menschen vorsorge für den frieden getroffen werden muss. ich lehne es folglich ab, einen beitrag in einem umfeld zu leisten, das zur tötung anderer menschen führen kann. ich will verhindern, dass ich in situationen involviert werde, die menschenfeindliche handlungen provozieren; denn die ablehnung von gewalt zur lösung von konflikten (ich war noch nie in eine schlägerei integriert und darf mich auch sportlich friedlich und fair nennen, da ich in 13 jahren fussball als verteidiger [!] erst drei gelbe karten erhielt) ist die basis, damit das wort an bedeutung gewinnt, welches das verständnis anderer menschen und kulturen in einem gespräch ermöglicht."
nach dieser fundierten einführung führt peter weiter aus: "das sinnvolle handeln ist für mich gleichbedeutend mit der darstellung der eigenen ideologie, die aber aus moralischer sicht nicht menschenfeindlich sein darf; die armee hat die pflicht, den menschen als masse und nicht als individuum auch mit psychischer und verbaler gewalt zu behandeln: denn im falle eines krieges (der primäre sinn der armee ist die kriegsausbildung) ist ordnung und disziplin die grundlage eines sieges."
damit spreche er nicht gegen ordnung und disziplin, finde er sich doch in seiner moralischen art auch diszipliniert. "ich meine, dass ich keinen befehlshaber dulden kann, der meine individualität, die moralische aspekte in die weltanschauung miteinbezieht, nicht anerkennen darf."
und: "im leben wird immer dem befohlen, der sich nicht gehorchen kann." es sei die humanistische aufgabe des menschen, menschlich zu werden. "die behandlung als ding, instrument und ware macht den menschen lebensfeindlich, neurotisch und verantwortungsunbewusst, so dass ich meinen leitenden grundsatz - die liebe zum leben - in der armee in äusserster gefahr sehen würde. zu leben bedeutet für mich, in geistiger und körperlicher art aktiv zu sein, sich selbst entwerfend, wobei die moralische verantwortung gegenüber sich selbst, den nachkommen, den mitmenschen, den tieren und der umwelt berücksichtigt sein sollte."
schliesslich führt peter das soziale verhalten als hohe form der sittlichkeit auf, konzidiert, dass er zwar keine sozialen höchstleistungen verrichte, aber in seinem umfeld, in der schule, im fussballverein, hilfe anbiete, kleinigkeiten, wie er schreibt, die aber trotzdem für die analyse seines charakters nicht irrelevant seien, und zeigt als letzten aspekt sein grünes bewusstsein auf. kommt dazu, dass er im lebenslauf beschreibt, wie seine lebenshaltung, nicht konfliktlos, gewachsen ist und wie es dazu kam, dass er nun an dem punkt steht, wo er steht.

was nun weiss die "zentralstelle zivildienst" unter federführung des dr. samuel werenfels dazu zu sagen?

sie fasst als erstes zusammen, was peter im gesuch geschrieben hat. dabei unterschlägt sie seine darstellung, die armee sei menschenfeindlich und behandle den menschen als ding und ware, ja müsse es zwangsläufig tun. sie ignoriert, dass peter schrieb, im geiste des menschen beginne die vorsorge für den frieden, das humanistische ideal, und aus dem kontext geht hervor: sein ideal sei die aufgabe, menschlich zu werden. es ist wichtig für das verständnis des folgenden, dies nicht ausser acht zu lassen.
weiter hält die "zentralstelle" fest, peter habe in der anhörung präzisiert, die ansprüche der gesellschaft stimmten nicht mit seinen lebensprinzipien überein, er habe bisher gewalt rational aus seinem leben ausgeschlossen, und es sei für ihn wichtig, dass handlungen sinn ergäben, was für ihn bedeute, nicht lebensfeindlich oder destruktiv zu sein. bedeutungsvoll, dass dies hier gleich am anfange steht, quasi als motto über der ganzen anhörung. rationale gründe gelten nicht per se als gewissensgründe, es ist sogar besonders schwierig, diesem staat und seiner "zentralstelle" diesen zusammenhang zu erklären. und "ansprüche der gesellschaft", die nicht mit eigenen prinzipien übereinstimmen, bringen einen gesuchsteller immer in die nähe zum egoismus, das zieht sich wie ein roter faden seit vielen jahrzehnten durch die verlautbarungen über militärverweigerung, sei es von militärgerichten oder der "zentralstelle". dabei: welcher gesuchsteller, welcher militärverweigerer würde nicht beipflichten, dass gewalt rational möglichst auszuschliessen sei, insbesondere die strukturelle, organisierte, eingeübte, welcher könnte nicht von sich sagen, die ansprüche der gesellschaft (z.b. militärdienst leisten) stimmten nicht mit seinen prinzipien überein. peter hat den fehler gemacht, dies deutsch und deutlich zu sagen, und seine ehrlichkeit ist ihm, wie wir sehen werden, zum verhängnis geworden. die aussage, ebenfalls vorweg von der zentralstelle zitiert, es sei für ihn wichtig, dass handlungen sinn ergäben, ist ein weiteres indiz dafür, dass man drauf und dran ist, ihn abzulehnen: so, wie sie hier aufgeführt wird, wirkt sie zentral und ist zudem der verknüpfung beraubt, die peter schon im gesuch herausgehoben hat: "das sinnvolle handeln ist für mich gleichbedeutend mit der darstellung der eigenen ideologie, die aber aus moralischer sicht nicht menschenfeindlich sein darf" - das ist nicht dasselbe wie zu sagen: es muss alles einen sinn haben, was ich tue, was also heissen könnte, einen ökonomischen, einen eigennützigen, einen irgendwie gearteten, hauptsache, es geht nichts kaputt dabei. peter hat geschrieben, er müsse seine werte, seine ideale, seine liebe zum leben in die tat umsetzen. er hat es zwar anders formuliert, intellektueller vielleicht, filosofischer, allgemeingültiger, aber man kanns verstehen, wenn man will. und er hat den satz so zu ende geschrieben: "die armee hat die pflicht, den menschen als masse und nicht als individuum auch mit psychischer und verbaler gewalt zu behandeln." die verkürzung dieses zusammenhangs auf den satz: seine handlungen müssten sinn ergeben, was heisse, nicht lebensfeindlich oder destruktiv zu sein, ist irreführend und übelwollend. und es geht gleich so weiter: er, peter, habe pazifistische überlegungen im sinne einer güterabwägung, und menschenfeindliche handlungen widerstrebten ihm. als ob hier eine kleinkrämerseele ein gesuch geschrieben hätte! die schweiz sei kein so wichtiges gut, das sich lohne, verteidigt zu werden. genau an diesem punkt hat peter tatsächlich eine güterabwägung vorgenommen, aber eben nur da, was nicht heissen kann, sein pazifismus sei insgesamt ein güterabwägender: menschenleben sind wichtiger als die existenz von staaten, hat er nämlich gesagt. so und nicht anders. weiter: er glaube auch nicht, dass jemand vernichtet würde, der sich von anfang an ergebe. wenn man seine aussagen in diesen zusammenhang stellt und so darstellt, ich habe kein wort ausgelassen, wort für wort steht es so geschrieben, gleich am anfang, dann lässt sich natürlich leichter das bild eines völligen materialisten zeichnen, der aus interesselosigkeit an der schweiz und weil er vielleicht kein blut sehen kann den militärdienst verweigert. wohlweislich ist das zulassungsverfahren so angelegt, dass man dies (und anderes mehr) einem gesuchsteller nicht direkt unterstellen muss, um sein gesuch abzulehnen, man kann sich einfach auf die floskel zurückziehen, die glaubhaftmachung eines gewissenskonflikts sei nicht gelungen, in besonders lustigen fällen: sei noch (!) nicht gelungen. so funktioniert die quotenregelung, so kommt man spielend auf die geforderten 20%, und wenns verlangt würde, auf noch sehr viel mehr!

es sei bei den heutigen waffen chancenlos, die schweiz verteidigen zu wollen, heisst es weiter, habe peter gesagt. hat das mit seiner verweigerung schwergewichtig zu tun, glaubt das jemand im ernst? man suggeriert es. man suggeriert es vor allem der rekurskommission, falls ein abgewiesener an die zweite instanz gelangt. doch immerhin: er habe auch gesagt, selbst wenn unsere armee eine chance hätte, wäre er aber auch dagegen, weil er es vor sich selber, den mitmenschen und den tieren nicht verantworten könne. überdies habe er dargestellt, dass es für ihn ein moralisches gesetz gebe und dass er sich vom christentum abgrenze und deshalb sein gesetz intuitiv sei (was dann wohl, laut in dieser nummer abgedrucktem "leitfaden" unter punkt 3, kein "autoritäres", sondern "autonomes" gewissen ergäbe, also etwas mehr freigeistiges, lockeres, selbstverwirklichendes - auch das ein wichtiger punkt, ein schaf der kirche wird nie abgelehnt, das kann sich auf "autoritäten" im himmelreich beziehen; immer besser, andere schreiben vor, hohe und höchste "autoritäten", nur nicht zuviel selbständigkeit und eigenverantwortung der bürger, wo kämen wir da hin!). peters moralisches gesetz, schreibt die "zentralstelle", beinhalte, dass er selber die verantwortung habe (eben!), die er niemandem übertragen könne. man könne ihn immer darauf behaften, was er gemacht habe. schliesslich habe er angeführt, dass er an der aushebung abgefertigt worden sei, was ihm gezeigt habe, wie man in der armee mit menschen umgehe. er habe mit einem empfehlungsschreiben seines rektors ein gesuch um waffenlosen dienst gestellt, sei aber unter vier augen darauf hingewiesen worden, er wäre für die armee nicht geeignet und schlecht für die truppenmoral.

so die eigenwillige, irreführende zusammenfassung der "zentralstelle" in sachen anhörung und was peter vorgebracht habe. notabene: die anhörungsnotizen, die während der gewissensprüfung unter ständigem buchstabengeklapper angefertigt werden, wurden peter nicht, wie früher üblich, mit dem ablehnenden bescheid zugestellt. peter wusste nicht einmal um sein recht, die notizen (z.b. zur hilfe beim formulieren des rekurses) einsehen zu dürfen, und da ist er bei weitem nicht der einzige. kommt hinzu, dass sie keinem gesuchsteller nach der anhörung zur unterschrift hingelegt werden, wie in andern juristischen verfahren üblich. wer die notizen in aller eile (sprechtempo) anfertigen muss, wird in jedem falle eine gewichtung vornehmen, da er nicht alles mitzuschreiben vermag, jedenfalls sind die leute der "zentralstelle" nicht entsprechend geschult. er wird um kürzungen nicht umhinkommen, akzente setzen müssen, vieles weglassen. warum wird dem gesuchsteller das recht verweigert, die zusammenfassung gutzuheissen oder korrekturen zu verlangen? wetten, dass die notizen gewiss automatisch der rekurskommission im falle einer beschwerde mitgeschickt werden? es ist in diesem zusammenhang interessant, einen blick darauf zu werfen, peter hat sie auf meinen wunsch hin, leider schon nach abschluss des verfahrens, sich zukommen lassen, er wurde, wie gesagt, über dieses sein recht nicht aufgeklärt. ich entnehme diesem protokoll eine merkwürdige art zu fragen, eine einseitige, keineswegs eine unvoreingenommene, zuweilen gar unhaltbare: "soviel ich weiss, kann man an der aushebung nicht waffenlos beantragen", hat ein kommissionsmitglied gesagt. man kann aber, peter hat es getan, andere tun es immer wieder, ein recht jedes schweizerbürgers, dies an der aushebung zu beantragen. man zweifelte offenbar an seinen aussagen, wollte ihn in ein schiefes licht stellen! und: gibt man dem gesuchsteller die anhörungsnotizen auf antrag dann immerhin ohne weiteres, so immer noch nicht den schriftlichen, mindestens eine seite lang formulierten antrag der kommission, verweigert dies glattweg, wie ich aus andern fällen weiss. wetten, die rekursinstanz kriegt diesen antrag? wer ist in diesem staate souverän? schwer für einen jungen, nicht mit allen juristischen wassern gewaschenen mann, aus der erinnerung, wochen nach der anhörung, konkret noch belegen zu können, wo die kommission einseitig befragt hat, ihr unterstellungen nachzuweisen, inkompetenz. einfacher, es mit hilfe dieses anhörungsdokuments (und vielleicht einem erfahrenen juristen) zu tun. einfach für die rekursinstanz, die beschwerde zu bagatellisieren, wäscht doch eine hand die andre und geht man amtlicherseits immer davon aus, die vorinstanz mache ihre sache schon recht, der bürger hingegen könnte betrügen, beweismittel fälschen, unwahre aussagen machen!

das alles hat man sich aber zunächst noch aufgespart zu schreiben: im sinne einer schöpferischen pause hat man ein zwischenspiel eingeleitet und peter nach der anhörung erst mal folgendes schreiben zukommen lassen:
"aufgrund ihrer anhörung hatte die zulassungskommission den eindruck, dass sich ihre gründe gegen den militärdienst nicht in erster linie aus einem gewissenskonflikt ergeben."
(man hätte ihn auch nehmen müssen, wenn der gewissenskonflikt erst in zweiter linie ersichtlich gewesen wäre! wenn er überhaupt einen hat! hier schreibt die "zentralstelle" glattweg am gesetz vorbei!)
"zudem stellt sie (die kommission) ihre diensttauglichkeit in frage. wir möchten ihnen daher die möglichkeit geben, ihre tätigkeit (?) durch den (?) uc nochmals überprüfen zu lassen.... bitte teilen sie uns bis zum angegebenen datum mit (durch eine kopie des briefes an den [!] uc), ob sie ein gesuch eingereicht haben. sollten sie keine überprüfung beantragen, werden wir ihnen nach ablauf der frist unseren entscheid zustellen."

eine tolle kapriole! durch nichts gestützt! mit keinem wort in den verfügungen der "zentralstelle" weiter ausgeführt noch begründet noch aus den anhörungsnotizen ersichtlich, dass man an peters gesundheit zweifle. schlicht nicht zu belegen! nicht nur gesetzliche unkorrektheiten, inkompetenzen, die sich "zentralstelle" und anhörungskommission zuschulden kommen lassen, auch noch unverschämt die herrschaften!
peter, noch in unkenntnis des sich zusammenbrauenden negativen entscheids, schickte daraufhin ein schreiben eines psychiaters, welches ihm, seinem eindruck entsprechend, die volle diensttauglichkeit bescheinigte.

nun lehnte die "zentralstelle" sein zivildienstgesuch ab, gestützt auf die erwägungen, dass nicht jede aussage mit einem irgendwie (!) gearteten bezug zur moral als grundlage eines gewissensentscheides gegen das militär genügen könne (jedenfalls nicht eines gewissensentscheides "in erster linie"?).
"wer sich auf eine moralische norm beruft, muss zudem begründen können, welche ideale und wertvorstellungen ihn dazu bewogen haben, diese moralische norm als verbindlich anzuerkennen."
der gesuchsteller müsse auch anhand von beispielen aus der persönlichen biografie und dem alltag illustrieren können, wie die genannte moralische forderung sich auf seine lebensführung auswirke. es könne nicht genügen, ein engagement vorzuweisen, welches nicht direkt im zusammenhang mit der geltend gemachten moralischen norm stehe - obwohl es "aus dem alltag" stammen muss!
"schliesslich bleibt zu erwähnen, dass der gesuchsteller immer eine kollision zwischen der norm und dem militärdienst glaubhaft machen muss. ohne diese voraussetzung ist beispielsweise eine soziale und rücksichtsvolle lebensweise für den entscheid unerheblich."
wie mancher gesuchsteller, bleibt zu fragen, kann dieser verwirrenden logik genügen, legte man diesen massstab immer zugrunde? juristerei! will man ja sagen, zieht man die guten punkte in erwägung (was umso leichter fällt, als ein ja keiner rechenschaft gegenüber dem gesuchsteller bedarf), will man nein, listet man die schlechten auf, ein paar worte drumherum, fertig. so regelt man die zulassung, so erreicht man politisch und hinter verschlossenen türen vereinbarte quoten, indem man ein argumentarium zusammenbastelt, dem, bei bedarf, keiner mehr beikommen kann. darum, und um nichts anderes, geht es in diesem hanebüchenen verfahren. und regt sich ein kleiner widerstand, durchschaut ein vielleicht zunächst argloses mitglied der kommission diese taktik, wird diese person nicht mehr aufgeboten, abgesetzt, besser: wird ihr nahegelegt zu demissionieren. alles schon vorgekommen, alles in allem ein alltäglicher vorgang, schaut man sich in diesem "rechtsstaat" einmal gründlich um! schliesslich nimmt der staat ja nicht nur keine rücksicht auf empfindliche seelen, er geht über leichen: militärgeschäfte, -einsätze, zwangsausschaffungen.... das ist einem dummgehaltenen volke spielend zu rechtfertigen, moralisch, etisch, religiös. beispiele "aus dem alltag" gibt es zuhauf!
und nein gesagt haben sie peter. wieso gerade ihm? war die wöchentliche quote noch nicht erfüllt? oder rechnet man monatlich ab? führt man vierteljährlich buch? herrschte föhnlage, haben die herrschaften schlecht gespeist? waren peters vorgänger am anhörungstage zufällig die besseren menschen? oder die harmloseren? die christlicheren vielleicht? fragen über fragen....

aber nicht doch! peter definiere sich über die vernunft und schliesse gewalt rational aus. was für ein unmensch! und so einer soll leute nicht ermorden dürfen, wenns befohlen wird? zudem noch einer, der nicht weiss, ob er sich "in bestimmten situationen (selbsterhaltungstrieb!) rational oder irrational verhalten würde"! sein hauptproblem, wissen die beamtenseelen, sei nämlich "das schiessen, sie könnten niemanden abschiessen. aufgrund dieser aussage vermuten wir, dass sie für sich direkt lebensbedrohende gewalt ausschliessen". im nächsten satz! also selbsterhaltungstrieb oder nicht, was nun? murkst er ab, in notwehr, oder nicht? ist dies doch immer noch die gretchenfrage? im nächsten satz: "ihre (!) unzusammenhängenden aussagen zeigen uns jedoch nicht, wie genau ihre norm lautet und was die tragfähigkeit dieser norm ist." haben die herrschaften das gesuch überhaupt gelesen? muss man ein heiland sein? "warum ist gewaltanwendung in jedem fall schlecht?" fragen die hüter des gewissens, und sie wissen offenbar auch keine antwort darauf. mit der nennung des begriffs "pazifist" formuliere peter nämlich noch keine konkrete norm wie "beispielsweise ‚ich darf nicht töten'." hat man ihm überhaupt zugehört? er habe sich in ihren augen zuwenig gedanken über alternative konfliktlösungsstrategien gemacht. seine antwort, die schweiz sei kein verteidigungswürdiges gut, zeige nicht, dass er sich vertieft gedanken zum umgang mit direkter gewalt gemacht habe. peter hat es aber doch anders gesagt, wir wissen es, und er wiederholt es in seinem rekurs: "ich sprach in der anhörung von einer güterabwägung: menschenleben sind ein höheres gut als die verteidigung eines landes, ich lasse lieber die schweiz als menschen sterben."
dann heisst es im abschlägigen bescheid, peter benutze öfters den begriff "verantwortung". er könne sich für sein handeln nicht einfach auf einen befehl berufen, wird peter richtig zitiert, "sondern (sie) trügen selber verantwortung. menschenfeindliche handlungen widerstrebten ihnen. auf die frage der kommission, was eine menschenfeindliche handlung sei (!), antworteten sie, die ausbildung zu einer menschenfeindlichen handlung". kein bezug zum militärdienst, wie oben kritisiert? zu allgemein? jedenfalls krude, absurde widersprüche, frasen, die sich die zivildienstmenschen aus den fingern saugen! oder aus den gesetzeskommentaren ihrer vorgänger, der militärrichter - frasen damals wie heute, zum teil dieselben, zum teil neue, geistesverwandte. mit dem übergang von der militärjustiz zur zivildienstkommission hat man einzig die inszenierung geändert, um das repertoire desto unbeschadeter zu retten!
auf die frage, heisst es, vor wem er die verantwortung wahrnehmen müsse (erwartete, nicht gelieferte antwort wohl: vor dem da oben!), habe er geantwortet, vor den menschen und den tieren. nicht gut genug? nicht hoch genug? was sind schon menschen, tiere! nicht wahr? begreiflich, dass solch verwirrten geistern der eindruck aufsteigt, "dass sich ihre gedanken beim begriff verantwortung im kreise drehen". satz für satz zitiert, notabene, ich picke hier nicht rosinen heraus, das steht alles so da in einem atemzug. wo wären die belege, dass peters gedanken sich im kreise drehten? sie werden nicht geliefert, und man sucht sie vergebens in den anhörungsnotizen. gleich darauf: "sie konnten nicht klar zum ausdruck bringen, warum sie welche mit dem militärdienst kollidierenden handlungen nicht verantworten können." mit dem militärdienst kollidierende handlungen? hat peter gesagt, er könne gewisse handlungen, die mit dem militärdienst kollidierten, nicht verantworten? das könnte vielleicht ein feldwebel sagen, ein aspirant für ein regimentskommando. der bock wird zum gärtner gemacht, oder so ähnlich. wer ist da verwirrt, gehört allenfalls in psychiatrische pflege? und noch eine biegung: richtig wiedergegeben, er könne handlungen nicht verantworten, die mit seinem gewissen kollidierten, so müsste es ja heissen - das hat die zentralstelle ja gerade aufgelistet, was er da gesagt hat. wer kann da was nicht klar zum ausdruck bringen?

nicht nur aber, dass man peter die worte im munde umdreht. man ist doch auch "öfters" korrekt in der wiedergabe: man registriert, korrekt, "dass sie gewalt ablehnen. im schriftlichen gesuch bezeichneten sie zudem die liebe zum leben als ihren tragenden grundsatz. weiter nannten sie als grundlage ihrer moral die toleranz. in der anhörung hoben sie werte wie freiheit und toleranz hervor und sprachen sich gegen lebensfeindliches und destruktives aus". und geradezu rührend das verständnis: "obwohl sie hiermit einige prinzipien andeuten, die ausgangspunkt (!) für eine moralische argumentation sein könnten, ist es ihnen nicht gelungen, eine gewichtung vorzunehmen." da haben die herrschaften aber dem filisofiestudenten gezeigt, was richtige filosofen sind! jedenfalls wohl keine bücherwürmer wie peter, dem sie vorhalten, er verweise auch auf "diverse filosofen und schriftsteller, ohne dass uns klargeworden wäre, was sie deren werke (!) bezüglich ihres entscheides gegen den militärdienst entnommen haben". und wäre es sie klargeworden, wären es immer noch filosofen, rationalisten, keine gewissensmenschen, und peters entscheidung gegen das militär wäre gar fremdbestimmt gewesen. ätsch!

und noch einen drauf, für eingeweihte, bezüglich seines engagements "für benachteiligte menschen oder die natur: so lobenswert dieses engagement ist, wir können darin nicht den ausdruck eines gewissensentscheids gegen den militärdienst sehen, denn sie brachten ihr engagement nicht in einen zusammenhang mit einer norm, die dem militärdienstleisten entgegenstünde". das haben sie bisher nämlich noch keinem zugebilligt, und sie werden es nie tun. und gefolgt von freundlichen grüssen, der krönende abschluss: "weitere begriffe wie freiheit, toleranz, verantwortung oder liebe zum leben nannten sie, ohne dass sie einen verständlichen zusammenhang mit der pflicht, militärdienst leisten zu müssen, herstellen konnten." was zu beweisen war.

vergebliche liebesmüh, dass peter einen ausführlichen rekurs schrieb, sein pech, dass er voraussetzte, die kommission und die "zentralstelle" verstünden unter dem "begriff vegetarier" einen menschen, der aus respekt vor dem tierleben kein fleisch essen darf. dass ein pazifist der norm (der ach so vermissten!) verpflichtet ist, keine gewalt anwenden zu dürfen, dass er den frieden nicht mit mitteln der gewalt suchen darf. ist ja auch schwer zu verstehen! ihnen auf den vorhalt, sein schriftliches gesuch basiere auf dem respekt vor dem leben, während er in der anhörung die gewalt als sein primäres problem bezeichne, zu sagen, er sehe da einen zusammenhang und keinen widerspruch, was fruchtets? wenn er gar vorbuchstabiert, diesen gewissensalfabeten, aus der norm, er dürfe nicht respektlos mit leben umgehen, leite er die regel ab, er dürfe nicht menschenfeindlich und destruktiv sein und daraus, er dürfe keine gewalt anwenden und daraus, er dürfe nicht töten und daraus endlich, dass er keine menschen für länder opfern dürfe, wenn er, beschämend genug, ihnen wiederkäuen muss, dass toleranz und respekt tragende elemente seines sozialen verhaltens seien und dass da sehr wohl ein zusammenhang mit dem militärdienst bestehe, wenn das militär, wie er glaube, nicht respektvoll mit menschen umgehe, dass militärische institutionen keine anderen wertvorstellungen als die ihrigen tolerierten (hat er so unrecht?), wenn er insistiert, pluralismus gebe es dort nicht, dieser bilde aber gerade den etischen überbau eines kollektivs, worum es ihm (auch) gehe in seinem gesuch, wenn er die überzeugung erneut dokumentiert, dass das recht auf körperliche unversehrtheit und eigentum das fundament eines (guten) menschlichen kollektivs sei, wenn er darauf pocht, dass die armee diesen prinzipien nicht treu bleibt, dass sie gewalt gerade nicht ablehne, was jedenfalls nicht die liebe zum menschen ausdrücke, wenn er (mit fug und recht) schliesst, das prinzip der wohlwollenden interpretation (wenn es einer wohlwollenden interpretation überhaupt bedurft hätte, ihn zu verstehen!), das bemühen ums verständnis der zusammenhänge und normimmanenter aussagen (vegetarier, pazifist, z.b.) sei nicht angewandt worden - alles nichtig, alles vergebens, denn die rekurskommission antwortet höchst letztinstanzlich das folgende, das letzte:

"als gründe, die einen militärdienstpflichtigen zu einer gewissensentscheidung gegen den militärdienst führen können, sind unter anderen religiöse überzeugungen denkbar, wobei die zugehörigkeit zu einer religiösen gemeinschaft jedoch nur ein indiz für die entsprechende überzeugung ist." ein merkwürdiger satz, zieht man in betracht, dass zugehörigkeit zu einer religiösen gemeinschaft sehr wohl belohnt wird, indem diese verweigerer ohne anhörung zum zivildienst zugelassen werden; freilich nur angehörige auserwählter gemeinschaften: zeugen jehovas, aber andere wiederum nicht, und buddhistische schon gar nicht - ein rechter teil der abgelehnten gesuchsteller sind praktizierende buddhisten oder dieser religion stark zugewandt.
"weitere motive können in etisch-humanitären und moralischen gründen liegen. dazu gehören beispielsweise die strikte ablehnung der erbringung eines beitrages in einem umfeld, das zur tötung anderer menschen führen kann, die generelle ablehnung von gewalt zur lösung von konflikten, der bedingungslose respekt vor jeder form des lebens und der entschiedene wille zum dienst für die gewaltlosigkeit und gerechtigkeit."
was anderes hat peter geltend und glaubhaft gemacht?

"vernunfts- und verstandesgemässe, politische und gesellschaftliche überlegungen können ebenfalls zu einem gewissensentscheid gegen den militärdienst führen, wobei die gesuchstellende person hier ganz besonders verdeutlichen muss, dass sie sich in ihrem innersten verpflichtet fühlt, entsprechend dieser rationalen erkenntnis zu handeln."
was anderes hat peter geltend und glaubhaft gemacht?

und weiter: "persönliche neigungen, bequemlichkeiten, rein politisch-taktische erwägungen, ausschliesslich persönliche gründe wie aus- und weiterbildung oder wirtschaftliche erwägungen allein reichen demgegenüber nicht aus."
wieso führt man dies alles unter "erwägungen" auf? will man sagen, diese bedingungen habe peter nicht erfüllt? da bliebe nur eine: die zugehörigkeit zu einer religiösen gemeinschaft. was versteckt sich hinter diesem und noch grösseren haufen von paragrafenunrat und juristenwust?
ganz einfach, kann, wer will, immer sagen: " die ausführungen des beschwerdeführers sind zu unbestimmt und oberflächlich geblieben. es ist nicht nachvollziehbar, welche überlegungen ihn zu seinen erwähnten prinzipien geführt haben, die ihm das leisten von militärdienst zwingend verbieten sollen. so führt er z.b. nicht aus, welche ereignisse oder erlebnisse seine entwicklung beeinflusst haben, inwiefern die auseinandersetzung mit den erwähnten schriftstellern das entstehen seiner grundhaltung (mit.) geprägt und wie er sein leben nach diesen gewonnenen einsichten (neu) ausgerichtet hat."

wären die "erwähnten schriftsteller" hingegen jene, welche die bibel erfanden, schrieben und fälschten, sähs garantiert wieder anders aus. dann wären die "gewonnenen erkenntnisse" plausibel genug, ist ja die bibel das buch aller bücher und muss niemand darlegen, welche überlegungen ihn etwa zu den prinzipien des hl. geistes, der unbefleckten empfängnis, des glaubens an wunder und heilungen und himmel und hölle und die 10 gebote geführt haben. gerade ein zeuge jehovas nicht! denn dann hisst er die richtige flagge, die flagge einer religion, in deren namen jahrhundertelang kriege geführt wurden und noch werden, völker ausgerottet, andersgläubige abgemurkst, freidenker kaltgestellt, menschen versklavt und zwangsbekehrt, um 1940 in kroatien etwa, und deren höchste vertreter immer den mächtigen und grossschurken der weltgeschichte, häufig gerade besonders fromme gläubige, ergebenheit und hochachtung bekundet haben, bis zuletzt etwa die deutschen bischöfe herrn hitler, die amerikanischen den vietnam-kriegsgurgeln. nun also, die paar filosofen und freigeister... nie haben staatliche institutionen und hat insbesondere die zivildienstbehörde mühe, einen christlich gläubigen zu verstehen, der jedes wort (!) der bibel unterschreiben kann, nie probleme, die "heilsbotschaft" zu respektieren, mit der sich genausogut armeen, kriege, massaker begründen lassen, das verbot, einen einzelnen zu töten, wie der befehl, es hundert- oder tausendfach zu tun und sich dazu auszubilden - aber ein unvermögen, den vegetarismus zu begreifen und als verpflichtende moralische haltung zu würdigen, "denn die in der beschwerde verdeutlichte ansicht des beschwerdeführers, aufgrund seiner ablehnung von gewalt gegenüber tieren sei anzunehmen, dass er auch körperliche gewalt gegen menschen ablehne, kann nicht geteilt werden, da die folgerung erstens nicht zwingend ist (obwohl näher, bedeutend näherliegend als die folgerung, als christ dürfe man nicht töten!) und er diesen gedanken (gedanken!) zweitens in allgemeiner, nicht auf sich bezogener form ausdrückt. somit(!) ist der persönliche werdegang, welcher zu den absolut geltenden prinzipien des beschwerdeführers geführt haben soll, nicht erkennbar".

es ist ihm halt nicht der hl. geist im traum erschienen!
überdies: "so führt er (peter) ergänzend aus, sein moralisches gesetz sei intuitiv und bedeute, dass er frei sei und verantwortung trage (zu frei wohl), die er nicht auf andere wesen übertragen könne." peter hat genaugenommen aber geschrieben: jemand anderem, nicht: einem anderen wesen, er hat geschrieben: jemand anderem, z.b. einem ausbildner, das hat er geschrieben. eine freudsche fehlschaltung der rekurskommission? wenn sie schon kritisiert, er führe "gedanken" in allgemeiner form aus, mithin also moniert, er spreche nicht von sich, also ziemlich schulmeisterlich, erbsenzählerisch, sprachverliebt etwas an den haaren herbeizieht, um seine gewissenlosigkeit zu beweisen, dann wäre mindestens zu fordern, ihn in sprachlicher hinsicht nicht dauernd zu unterbieten! wenn er aber einem "anderen wesen" verantwortung übertragen könnte: an wen dachten die herrschaften anders als an gott und an seine sachwalter auf erden, die immer jeden krieg rechtfertigen, jeden eigenen, jeden der eigenen kultur, rasse, etc. und immer nur die andern verteufeln, dämonisieren, als gewissenlos hinstellen, die eigene sache oder was sie dazu machen aber als gerecht hinstellen, als verteidigungswürdig bis zum tode?

"ein gewissenskonflikt im sinne des zivildienstgesetzes ist nicht ersichtlich."

man kann sich fragen, was der sinn des zivildienstgesetzes eigentlich ist. wer wüsste positive antworten, menschenfreundliche darauf? der sinn des zivildienstgesetzes ist es, zu verhindern, dass zu viele menschen selbständig zu handeln und zu denken beginnen und ihre eigene verantwortung wahrnehmen, moralisch autonom werden, emanzipiert. wo kämen wir da um gotteswillen auch hin?

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