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schandfleck.ch_archiv/2001/nr.1
michael mäder
armeereform 2001
dass taktisches geschick beim beruf bundesrat einer der wichtigsten erfolgsgaranten ist, ist offensichtlich und verständlich. doch der zurückgetretene adolf ogi übertrumpfte - im wahrsten des wortes - gegen ende seiner amtszeit einmal mehr seine sechs kolleginnen und kollegen: eine armee xxi, voll und ganz nach seinen kriegsgeilen vorstellungen.

die ausgangslage zeigte sich noch vor einem halben jahr nicht allzu erfolgsversprechend für unseren selbsternannten volksbeschützer. seine wunschzahl von 200`000 soldaten wurde sogar von bürgerlichen politikern als überrissen eingestuft. finanzminister villiger stellte öffentlich in frage, ob die armee trotz verkleinerung weiterhin 4,3 millarden franken steuergelder kosten soll. und bundesrat couchepin kritisierte die von ogi gewünschte reservisten-armee von 80`000 mann vor den medien. wahrlich, es sah ganz so aus, als siegten realitätssinn und politische vernunft über die kriegsvorbereitungspläne eines ogi und dessen generäle.

doch es kam anders. ogis timing war perfekt. mit der unterbreitung seiner ideen wartete er geschickt bis zu seiner 651. und letzten bundesratssitzung. da herrschte milde stimmung, scheints flossen ja fast tränen ob dem rücktritt des "beliebtesten bundesrats der geschichte". da wollte ihm halt keiner seiner händeschüttelnden kollegen mehr einen strich durch die militärrechnung machen. fürwahr, da hat der strahlende oberländer seine schleimig-glänzende popularität gnadenlos ausgenutzt. es wäre interessant zu wissen, welch eine armeereform der gesamtbundesrat beschlossen hätte, wenn ogis nachfolger samuel schmid die reformpläne vorgelegt hätte. mit grosser wahrscheinlichkeit hätten die kriegsheinis abstriche hinnehmen müssen.

die umsetzung einer armeereform läuft folgendermassen ab: zuerst werden die reformpläne von experten innerhalb des vbs ausgearbeitet. dann stellt der zuständige departementsvorsteher, in diesem falle eben ogi, die pläne seinen bundesratskollegen vor. ist die reform vom gesamtbundesrat beschlossen, (was eben mitte dezember letzten jahres geschehen ist), geht sie in die vernehmlassung. (das wird diesen frühling passieren.) hierauf muss die reform von der vereinigten bundesversammlung (national- und ständerat) abgesegnet werden, was wohl aber nur noch formsache sein wird. das neue armeeleitbild wird nicht automatisch dem volk zur abstimmung vorgelegt, da keine verfassungsänderung vonnöten ist. es könnte aber das referendum dagegen ergriffen werden. ist dies nicht der fall, wird mit der umsetzung der reform anfang 2003 begonnen werden.

bei betrachtung der reformdetails (siehe kasten) fällt auf, dass die meisten veränderungen auf eine angleichung an nato-richtlinien deuten, beziehungsweise dass die kompatibilität mit einer zukünftigen europäischen grossstreitmacht angestrebt wird. unübersehbare beispiele dafür ist die einführung von sogenannten durchdienern (armeegeile hardcore-rekruten mit ausgezeichnetem aushebungsresultat, die alle diensttage an einem stück absolvieren), sowie die absicht, dei armee xxi mit ultrateuren high-tech-waffen auszurüsten.(dies ist der hauptgrund, warum die kosten trotz kleinerem soldatenbestand nicht zurück gehen.) auch dass auslandeinsätze zum festen programm der armee gehören werden und dass der bestand von profi-kriegern auf 7000 verdoppelt wird, weist darauf hin, dass da hinterrücks ein beitritt zum nordatlantischen kriegspakt geplant wird.

wie ich bereits erwähnt habe (man kann diese fatalität nicht oft genug wiederholen), wird die erneuerte kriegsmacht weiterhin gleichviel kosten. hier kann man aber auf positive veränderungen hoffen. in den jahren 2001 bis 2003 können die vierfrucht-fetischisten zwar noch mit den 4,3 millarden hantieren, doch ab 2004 kann das budget zurückgeschraubt werden. laut dem offiziellen communiqué des bundesrats seien ab diesem jahr "einsparungen möglich". das verteidigungsministerium müsse für die folgejahre zusammen mit dem finanzdepartement "konkrete anträge" unterbreiten.

alleweil scheint, dass nicht ganz alle politiker mit dem fürderhin horrenden geldverschleiss einverstanden sind. im folgenden ein paar aussagen betreffend den künftigen armeekosten:

die fdp erklärte in ihrer stellungnahme, dass die "benötigten mittel für die armee xxi nach der übergangsphase vom bundesrat neu beurteilt werden und eine anpassung an die bedürfnisse erfolgen soll" (bei einer solchen aussage habe ich einfach wieder das gefühl, dass man diesem ogi trotz allen bedenken einen strahlenden abgang gewähren wollte...)
cvp-sprecher paul felber räumte ein, kleinere bestände müssten nicht zwingend eine lineare kürzung der kosten bedeuten. dennoch müsse das vbs weitere einsparungen überprüfen.
auch sp-generalsekretär reto gamma erklärte auf anfrage, die jährlichen ausgaben von 4,3 millarden müssten nach dem rücktritt ogis nochmal überprüft werden. selbst der bundesrat scheine solch hohe armeekosten nicht für finanzierbar zu halten. die vorgeschlagene armee, meinte gamma weiter, entspreche zudem nicht der aktuellen bedrohungssituation und nehme keine rücksicht auf die volkswirtschaft.

lichtblicke aus einer politwelt der vernunft, die von ogis strahlender fratze einmal mehr und ein letztes mal in den schatten gestellt wurde.

armee xxi auf einen blick
bemerkungen
fakten
bestand
das heer wird von heute 360`000 auf 200`000 verkleinert. davon sind 119`000 aktive und 80`000 reservisten. die reservisten werden mit gewehr, schweren
waffen usw.. ausgerüstet. ogi hat diese geld-
fressermaschinerie (unterhalt der fahrzeuge etc.ohne notwendigkeitsbeweis durchgeboxt.
dienstpflicht
sie dauert total 280 statt 300 tage und
setzt sich aus einer neu 24-wöchigen rs
und sechs wk à 19 tage zusammen. be-
endet ist sie mit dem 30. altersjahr.
die meisten dienstpflichterfüller werden wohl mit 26 jahren fertig sein und darauf 4 jahre reservisten bleiben. arbeitskräfte werden früher vom militär befreit, was in erster linie die
wirtschaft zufriedenstellt.
auslandeinsätze
1600 freiwillige miliz- und berufssoldaten stehen bereit, um "bei bedarf"
eingesetzt zu werden.
sowohl ein isolationistisch-nationalistisches wie auch ein friedenspolitisches referendum dagegen wird zur abstimmung kommen.
berufsmilitärs
gab es bisher 3600, künftig werden es bis zu 7000 sein. da zwinkert ogi seinen gleichgesinnten aus dem ausland zu. die nato zwinkert zurück.
verweigerung
ist weiterhin strafbar. unterstützen wir weiterhin mit allen mitteln!
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