news ¦ archiv ¦ forum ¦ kontakt ¦ literatur ¦ shop ¦ links
schandfleck.ch_archiv/2001/nr.3
nicktheklick
ksaii, sicuro.01, informo 2001
oder die bedrohung ist irgendwo da draussen

bedrohungsformen der konventionellen kriegsführung haben für die strategische ausrichtung der schweizer armee an bedeutung verloren.
mit der teilnahme an "friedenserhaltenden" missionen im ausland und
der gesamten palette der sogenannten subsidiären einsätze hat die
armee aufgabengebiete gefunden, die sie als eine weiterhin notwendige institution erscheinen lassen. mit einem verstärkten engagement im bereich der elektronischen/ informationskriegsführung kann eine weitere legitimationsgrundlage gefunden werden. noch wird nicht wie in anderen ländern mit der grossen kelle angerichtet, doch sind die entsprechenden stellen in den startlöchern und proben für den kriegerischen ernstfall im virtuellen raum.

am weitesten fortgeschritten sind zweifelsohne die usa im bereich des informationskriegs. gemäss einer aktuellen auflistung der berliner forschungsstelle informationsgesellschaft und sicherheitspolitik fog:is befassen sich dort rund dreissig behörden, dienste und ausbildungsstätten mit offensiven cyberattacken. anlässlich des nato-gipfeltreffens von mitte juni in brüssel stellt us-präsident bush angriffe anderer staaten aus dem cyberspace auf die gleiche ebene wie massen-vernichtungswaffen oder die proliferation von raketentechnologie. in der schweiz steht die offensive kriegsführung nicht im zentrum. im defensiven bereich hingegen, also der abwehr von elektronischen angriffen und der störung der informatikinfrastruktur , ist jedoch einiges am tun. im august wurden etwa 1000 mitarbeiter des generalstabs aufgefordert, die interne ausstellung "sicuro.01" zu besuchen und sich so auf den neusten stand der informatiksicherheit zu bringen. vom technischen standpunkt aus sei alle getan worden, sagte franz zingg, der beim generalstab für die datensicherheit zuständig ist. nun gehe es darum, die beschäftigten im generalstab zu sensibilisieren und eine "sicherheitskultur" zu fördern. einiges aufwendiger ging es im juni in schwarzenburg zu und her. damals übte zwar nicht die armee,

sondern zivile behördenstellen unter federführung der bundeskanzlei zusammen mit der wirtschaft. das krisenszenario entsprach allerdings durchaus der informationskriegs-führung. solchen krisen, ausgelöst durch die störung der informatik-infrastruktur, kurz: kasii wollen die schweizer behörden in zukunft mit einer einheitlichen doktrin und einer zentralisierten struktur begegnen. das szenario der infowar-simulation "informo 2001" spielt im jahr 2005 - im vorfeld einer konferenz zum pro-moting der schweiz als wirtschafts-standort treten verschiedene unregel-mässigkeiten in der kommunikations-infrastruktur auf.
"informo 2001" basierte auf der auswertung der strategischen führungsübung 97, als erstmals in der schweiz die reaktion auf krisen in der informations- und kommunikations-technologie erörtert wurde. eines der zentralen ergebnisse war damals der vorschlag an die landesregierung, einen krisenstab informationssicherheit zu schaffen. in den vergangenen vier jahren haben die zuständigen stellen unter der leitung der bundeskanzlei in mehreren workshops kontinuierlich auf die vereinheitlichung der strukturen hingearbeitet. anlässlich der übung informo stand der krisenstab in einer provisorischen formation nun zum ersten mal im einsatz. er war vor die folgende fiktive ausgangslage gestellt: sommer 2005, in zürich soll eine konferenz zur förderung des wirtschaftsstandortes schweiz stattfinden. im vorfeld treten verschiedene unregelmässigkeiten auf. das resultat einer volksabstimmung unterscheidet sich stark von den prognosen, der verdacht auf manipulation steht im raum. der digital-graben lässt aktivisten einer sogenannten "gruppe für eine schweiz mit chancengleichheit" auf den plan treten, die sich mit aktionen gegen informatiksysteme gehör verschaffen will. zudem werden in einer internationalen benchmarking-studie der schweiz gravierende mängel im sicherheitsbereich der informatikinfrastrukturen nachgesagt. vor diesem hintergrund wird der krisenstab präventiv aufgeboten, um den reibungslosen ablauf der wirtschaftskonferenz zu garantieren. der krisenstab setzt sich - sowohl im übungsszenario als auch in der realität - aus behörden- und wirtschaftsvertretern zusam-men. oberstes ziel von informo war es, das zusammenspiel der beiden bereiche zu testen. entsprechend sah denn auch die teilnehmerliste aus. sämtliche grossbanken und multinationalen konzerne mit sitz in der schweiz sind an informo beteiligt. dieselben unternehmen sind bereits heute mit den bundesstellen in der stiftung infosurance organisiert, die ausserhalb von krisensituationen dafür sorgen soll, risiken und gefahren der informationstechnologie zu erkennen und gegebenenfalls vorbeugend einzugreifen. nach einschätzung der meisten teilnehmenden von informo geht es um einen der zentralsten und verletzlichsten bereiche der schweiz. dies nicht zuletzt wegen des fehlens von rohstoffen im alpenland als mögliche objekte für wirtschaftsblockaden oder sabotageaktionen. die abhängigkeit der volks-wirtschaft von dienstleistungen erhöhe die bedeutung der informatiksicherheit erheblich, so der tenor. gleichzeitig wird aber darauf hingewiesen, dass die voraussetzung zur gefahrenerkennung in der schweiz ausserordentlich gut sind: "informations-sicherheit ist nicht nur eine frage der technischen einrichtungen. die schweiz hat aufgrund der grösse und ihrer miliztradition eine hervorragende ausgangslage, einen konsens über die zu treffenden massnahmen zu finden", so paul kleiner, leiter des bereichs informatik- und kommunikationsinfrastruktur im bundesamt für wirtschaftliche landesversorgung bwl. die glorifizierung des milizsystems scheint allerdings gerade in diesen belangen vielmehr eine leere formel denn brauchbarer ausgangspunkt für die abwehr von angriffen auf die technische infrastruktur zu sein. zum einen stammt ein grossteil des know-hows aus dem ausland, zum anderen ist das bewusstsein bei der bevölkerung betreffend datenschutz äusserst gering, meint etwa anton lagger, auch vom bundesamt für wirtschaftliche landes-versorgung: "am meisten erstaunt bin ich über die geringe reaktion der bürger auf die tatsache, dass ihre persönlichen daten von behörden, banken, etc. ungesichert den hackern zur verfügung gestellt werden. hauptsächlich beängstigend ist die hohe dunkelziffer über die schäden, besonders auch über den abfluss von geschäftsgeheimnissen, bei denen die angegriffenen nicht einmal ahnen, dass ihre daten gestohlen oder manipuliert werden." informo hat an dieser tatsache bekanntlich nichts geändert, wie etwa das datenleck beim internetservice-provider swissonline gezeigt hat.

news ¦ archiv ¦ forum ¦ kontakt ¦ literatur ¦ shop ¦ links
nach oben >>>