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1. historische
betrachtung
"ein typisches beispiel für die schamlosigkeit der klassenherrschaft
bietet der werdenberger handel. die grafschaft stand unter der landeshoheit
von glarus; dieses selbst war ,demokratisch', hatte seine landsgemeinde
und seinen rat. 1667 erhielten die werdenberger die zusicherung, dass
der landvogt kein vieh auf ihre gemeinen weiden treiben und kein holz
in ihren bannwäldern schlagen dürfe. kaum gewährt, bereuten
die glarner herren das zugeständnis. auf pfiffige weise glaubten
sie den rank finden zu können: das versprechen sei wertlos, wurde
den untertanen gesagt, weil es vom rat gegeben wurde und nicht von der
allein zuständigen landsgemeinde. man forderte von den werdenbergern
die herausgabe der urkunde, und als die grafschaftsleute misstrauisch
die forderung ablehnten, griff man zur betrügerischen list. man wünsche
die urkunde nur zu prüfen; sei die durchsicht erfolgt, so werde man
das schriftstück selbstverständlich zurückgeben. die werdenberger
fielen auf den schwindel herein, denn in ihrer einfalt wie in ihrem glauben
an die wahrhaftigkeit ihrer regenten konnten sie nicht ahnen, dass eine
regierung, der sie achtung und gehorsam schuldeten, lug und trug zur staatsräson
erheben würde. natürlich blieb die urkunde in glarus; jahrzehntelang
forderten sie die werdenberger vergeblich zurück. da kam 1719 ein
neuer landvogt. ihm verweigerten die untertanen die huldigung; dem beamten
einer wortbrüchigen regierung wollten sie keine treue geloben, nachdem
die obrigkeit selber treulosigkeit geübt hatte. als die werdenberger
erneut auf die herausgabe der urkunde drangen, rief glarus die intervention
der eidgenössischen orte an. die auf ihr recht pochenden untertanen
gaben unter diesem druck nach; 1720 unterwarfen sie sich bedingungslos."
doch der handel war noch nicht zu ende: "und wie es in solchen situationen
zu gehen pflegt: dem sieger schwoll der kamm." unter zusicherung
des freien geleits seitens der glarner zogen 1721 zwölf werdenberger
abgeordnete in die stadt des heiligen fridolin und wurden unter schmählichem
bruch des versprechens sofort verhaftet. "sobald die werdenberger
von der neuen infamie der glarner hörten, rotteten sie sich zusammen",
worauf "1900 mann aus der eidgenossenschaft sich nach dem werdenberg
aufmachten, um dort den leuten mit waffengewalt beizubringen, dass ein
redlicher untertane am wortbruch seiner herren keinerlei anstoss zu nehmen
habe und ihnen selbst dann gehorsam und achtung schuldig sei, wenn man
ihm das blut aus den nägeln herauspresste." und: ...."der
fall ist klassisch, aber nicht vereinzelt. die von den glarnern brutal
zur schau getragene gesinnung ist die gesinnung der herrschenden klassen
überhaupt. grausamer, verschlagener und rücksichtsloser als
diese "demokraten", von denen man bekanntlich in schaurig-süsser
verzückung sprechen soll, hätte sich auch ein absoluter fürst
nicht geben können." aus: robert grimm, "geschichte der
schweiz in ihren klassenkämpfen", limmat verlag 1976.
2. zeitgenössische
betrachtung
"das landesschwert ist wohl als symbol der macht, für die gerechtigkeit
der regierung zu verstehen? das schwert, welches der landammann auch an
dieser landsgemeinde trug, hat für mich die bedeutung einer mordwaffe
und gehört ins kriminalmuseum, wenn es wirklich, wie ich vernommen
habe, jenes ist, mit dem vor 200 jahren anna göldi in der ygruben
glarus geköpft wurde......es wäre an der zeit, sich ein neues
schwert anzuschaffen, das alte tief in der erde zu vergraben, um den fluch
der willkür und korruption loszuwerden....ich denke, es entspricht
weder den moralischen noch etischen vorstellungen des dritten jahrtausends
eines humanen menschen, ein solches schwert als symbol der macht und gerechtigkeit
weiterhin einzusetzen. da ich als freischaffende künstlerin hier
in glarus seit zehn jahren lebe und arbeite, durch meine begegnungen und
ausstellungen sowie in der öffentlichkeitsarbeit hier in glarus vielem
ausgesetzt bin, weiss ich, wovon ich rede!"
(leserbrief der barbara
streiff, glarus, vom 10. mai in der "südostschweiz", dem
"schandfleck" freundlicherweise von der autorin zur verfügung
überlassen.
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