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schandfleck.ch_archiv/2003/september/leserbrief
heinrich frei

knabenschiessen:

verheerende kultur der waffen wird gefördert statt geächtet
im schiesstand im albisgütli in zürich beim knaben- und mädchenschiessen fühlte ich mich in meine jugendzeit zurückversetzt. mein vater war schützenmeister und ich begleitete ihn immer wieder am sonntagmorgen in den schiesstand. schiessen war damals für meinen vater, und auch für mich, ein sport wie jeder andere.

getrübt wurde diese vorstellung schiessen sei ein sport wie jeder andere, als ein bekannter von uns sich mit seinem karabiner erschoss. später erfuhr ich immer wieder, dass menschen mit denen ich in kontakt gewesen war, sich mit ihrem gewehr oder mit ihrer pistole getötet hatten. aus diesem grund bin ich heute dafür, dass schusswaffen ähnlichen restriktionen unterstellt werden, wie sie für den umgang mit sprengstoffen und giften bestehen: waffen sollten nur noch leute besitzen, die den nachweis erbringen können, dass sie beruflich eine waffe benötigen, zum beispiel die polizei, jäger, usw. und, wäre es nicht auch möglich, dass wehrmänner ihre waffe jeweils nach dem militärdienst im zeughaus deponierten, wie dies auch in anderen ländern üblich ist? die drei millionen gewehre und pistolen die in der schweiz in privathaushalten vorhanden sind, führen nachweislich nicht nur zu vielen selbstmorden mit schusswaffen, sondern auch zu vielen tötungsdelikten. der kriminologe martin killias sagt den auch: "mehr waffen zu hause heisst mehr erschossene ehefrauen". in der tat: in keinem europäischen land werden so viele frauen durch männer erschossen wie in der schweiz.

amnesty international wird noch diesen herbst eine internationale kampagne gegen kleinwaffen lancieren, denn die 640 millionen kleinwaffen die weltweit im umlauf sind, gehören zu den wichtigsten instrumenten in den meist innerstaatlichen kriegen von heute. viele kindersoldaten in afrika sind mit den leichten und handlichen sturmgewehren ausgerüstet. auch die offizielle schweiz engagiert sich im rahmen der "partnership of peace" gegen die weltweite verbreitung von kleinwaffen. - mit knaben- und mädchenschiessen, wie sie zürich veranstaltet, garniert mit chilbi und zuckerwatte, wird jedoch leider die verheerende kultur der waffen noch gefördert statt geächtet.

es grüsst freundlich h. frei
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