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david
manuel kern
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Ehrliche Politik in Österreich |
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Wagt man einen Blick in die heutige Politikerlandschaft von Österreich, so fällt eines auf: An eine "ehrliche Politik", wie sie zwar nie und zu keinen Zeiten existierte, jedoch in manchen geistvollen Köpfen als Utopie in dessen Wunschvorstellungen geistert, ist nicht mehr zu denken. Die Gründe für die Misere sind leicht zu erkennen: Ein dumpfer und stupider Populismus hat sich breitgemacht. Nun ja, von zweitrangigen, meist ins rechte Eck des rechten Konservatismus (eine Denkungsmöglichkeit, die mittlerweile beinahe jede einzelne politische Organisation ergriffen hat) zu zählenden Parteien ist man dies von jeher gewöhnt. Nichts wird ausgelassen, das nicht die Sicherheit in sich birgt, von der Masse in ihre starren aber jubelnden Arme eingeschlossen zu werden, um aus der Umarmung eine vollendete zu machen. Plakate werden aufgehängt, die im Grunde Hass schüren und doch ihren zweifelhaften Erfolg erzielen, Männer mit gut sitzenden Anzügen plärren mit heiseren Stimmen auf ihr Volk nieder und gewinnen ihre bedenklichen Seelen aufgrund scheinbar tief sitzender Verletzungen, die der Wahrheit den Weg verstellen. Die oberste Priorität lässt sich auf eines reduzieren: Stimmen. Des Populistens Eigenschaft ist die des Stimmen-Ergaunerns, des Wähler-Gewinnens auf Kosten jeder Lüge und jedes noch so niederträchtigen Opportunismus. Die übliche Handhabung mancher Parteien, die uns stummen Wählern zur Gewohnheit wurde, lässt keine Überraschungen mehr offen und in uns eine tiefsitzende, von Verunsicherung und Enttäuschung genährte Wunde über. Doch nun verfolgt
der einsame Konsument politischer Verirrungen auch bei den alteingesessenen
Genossen einer ehemaligen sozialdemokratischen Partei Tendenzen, die
dem Populismus nicht nur nahe treten, mit ihm liebäugeln, mit ihm
sympathisieren, sondern ihn gemäß vertreten. Die österreichische
Sozialdemokratie hat sich von einer Partei, die für soziale Gerechtigkeit
und gesellschaftlicher Toleranz stand, zu einer armseligen und durch
und durch kontraproduktiven, ja gesellschaftlich gefährlichen Kasperlorganisation
verwandelt, die für nichts mehr steht, es sei denn einerseits für
machtgierige Politik und andererseits lächerlich provinzielle Genossenschaftskracherlbande.
In früheren Zeiten, in Zeiten Kreiskys und später Vranitzkys,
in Zeiten tatsächlich sozialer Vorteile, in Zeiten gerechter Wirtschaftspolitik,
in Zeiten liberaler Arbeiter- und Unterschichtenloyalität, stand
die Sozialdemokratische Partei Österreich und mit ihr die ursprüngliche
sozialdemokratische Idee, die wohlgemerkt jegliche Form von läppischen
Kommunismus in den Schatten stellte, für Hoffnung für ein
kleines, von der Geschichte geschütteltes und zerrüttetes
Land, das sich zuvor selbst in den Beinahe-Abgrund manövrierte.
Das kleine, von jeder politischen Wichtigkeit meilenweit entfernte und
trotz dem an unheilbarem Größenwahn leidende Österreich
hat sich dank der damaligen Kreisky-SPÖ wieder aufgerappelt, wieder
der Welt geöffnet. Es war und ist wie nie zuvor nun die Aufgabe einerseits der Politik, andererseits des Gesetzes, der moralischen Aufklärung und teilweise der Kirche und der Religion, die Menschen zu erziehen, ihnen zu zeigen, wie man Recht von Unrecht unterscheidet. Ignoriere man alle der Aufklärung zu verdankenden moralischen Errungenschaften und belasse man die Menschen auf dem vermeintlich richtigen, primitiven Weg, so entstünden Zustände, die dem Chaos ähnelten und in Verbrechen welcher Art auch immer resultierten. Und immer wieder lehrt die Geschichte, dass ein Ausnutzen einiger die Situation Beherrschender von irrationalem und natürlichem, barbarischem Benehmen zu Voraussehungen führt. Wie sonst wäre ein derartiger, beinahe unglaublicher Erfolg des Nationalsozialismus zu erklären, um nur ein Beispiel der neueren Zeit heranzuziehen. Nicht zu vergessen all die ähnlichen Diktaturen im 20. Jahrhundert, die Kreuzzüge, die großen Monarchien im Mittelalter, etc. Der Mensch besitzt keine Moral und keine Rechtschaffenheit, der Mensch ist dem Tiere eins. Moralisches Gewissen, soziales Denken sind Produkte des Intellekts, der jahrhundertelange Geistes-Auseinandersetzung, die erst gelehrt werden müssen. Wenn nun aber eine
Partei, die zu einem gewissen Grade die Interessen der Bürger vertritt,
wie es jetzt zu diesen Zeiten in diesem Land kontinuierlich steigend
vernommen werden kann, bloß dasjenige zur Sprache bringt, was
von den Menschen, denen, nicht zu vergessen, nichts an Moral und verantwortungsbewusstes
Denken gelehrt wurde, als Wille in der Luft hängt, so ist hier
ein Rückschritt im Gange, der, wenn man nicht aufzupassen, aufzuzeigen
und zu verhindern weiß, dem Gefährlichen gefährlich
nahe kommen kann. Denn wenn jede politische Partei in ekelhaft populistischer
Manier für des Menschens Vorstellung steht, diese Vorstellung repräsentiert,
sie vorwegnimmt, eins wird mit (im Grunde immer bestehenden, primitiven,
urzuständlichen) Urgefühlen, so ist eine Mehrzahl, eine Auswahl
an politischen Parteien von keinem Gebrauch mehr. Dann genügte
eine Partei, die alle wählen, weil sie das vertritt, was die Mehrzahl
der Wähler sich wünscht. Und das ist der Tod der Demokratie. Einem Wähler
müssen Optionen geboten werden, er muss die Möglichkeit haben,
nach gründlichen Überlegungen (oder ur-sprünglichen Intentionen?
eine von mehreren wählbaren Parteien zu wählen. Natürlich
gibt es überall, in jeder Demokratie, eine Partei, die dem vorsteht,
was die Primitivität uns sagt. Rassistische, antisemitische, ans
braune Umfeld sich schmiegende Organisationen findet man unter jeder
Nation, und sie werden gewählt. Die einen blicken auf Erfolg, die
anderen nicht. Aber der Wähler hat die Verpflichtung, sich wahrlich
Gedanken zu machen über Politik, über Handlungen repräsentativer
Bürgervorstände, um dann seine Entscheidung zu fällen.
Und es ist die Aufgabe rationeller Politikerorganisationen, eben diese
Wähler für sich einzunehmen. Jedoch ausschließlich unter
der simplen Voraussetzung einer Meinungswahrheit, die im Gegensatz zu
Populismus und Opportunismus steht. Und wenn sie durch diese Vorgangsweise
keine Stimmen erhält, so ist das auf ehrliche, moralisch tragende
Weise geschehen, die hinzunehmen und aus der erneut Motivation zu schöpfen
ist, die Wähler ein nächstes Mal von der Richtigkeit ihrer
Vorgehensweise zu überzeugen. Und dann öffnet man eines Morgens wohlwollend die Zeitung, um den grauen Alltag mit ein paar wenigen Erkundigungen zu bereichern, und bemerkt sogleich, dass man gut daran täte, den innenpolitischen Teil zu übersehen, links liegenzulassen. Denn, ohne Fassung, ohne derartiges zu erwarten, springt einem der Ekel des Populismus ins Gesicht. Josef Cap, einst revolutionärer Jung-Sozialist, der sich seiner Weigerung, der Krawattenpflicht gegenüber konformistisch zu verhalten, bis zuletzt nicht entrinnen konnte, nun vom Papst gesegneter SPÖ-Klubobmann, bezeichnete kürzlich in bester Manier einer Kronen Zeitung und Rechts-FPÖ die sogenannten Porno-Plakate als einen "Schandfleck der österreichischen Gegenwartspolitik", bei dessen Produktion bloß Steuergelder verschwendet worden seien. Die, einst mit realer Hoffnung für dieses Land geschwängerte Grünen-Politikerin Eva Glawischnig ließ sich einen Termin vom geschmacklosen und vor Durchschnittlichkeit triefenden Nachrichtenmagazin News geben, um Fotos von ihr und ihrem dicken bauchfreien Bauch vor einem Babygeschäft zu schießen. Und den Gipfel der sozialistischen Geschmacklosigkeit lieferte der neu gewählte Landeshauptmann Voves, als er im heißen Wahlkampf und in den Armen seines Chefs Gusenbauer vor vormaligen Haider-Wählern im musikalischen Einklang mit einer zweitklassigen volkstümlichen Musikformation seine Hüften schwang und es sich nicht verkneifen konnte, ein paar Takte mitzulallen. Doch sind dies alles
Kleinigkeiten im Vergleich zu der Art und Weise, wie alte, kluge, vormals
weltgewandte Parteien sich der Falle Populismus hingeben, ohne an die
Konsequenzen ihrer Glaubwürdigkeit zu denken. |
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