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schandfleck.ch_archiv/2004/oktober/leserbrief
heinrich frei

neuer finanzausgleich nfa: sparen auf dem buckel der behinderten

leistungen für behinderte sollen vom bund auf die kantone übertragen werden
an der delegiertenversammlung des gewerkschaftsbundes des kantons zürich, am 21. oktober 2004, erläuterte ursula zbinden (vorstandsmitglied der gewerkschaft des verbandes der öffentlichen dienste, vpod) im zürcher volkshaus aus der sicht der behindertenorganisationen den geplanten neuen finanzausgleich. ein finanzieller ausgleich zwischen den kantonen habe sich bisher bewährt und sei sinnvoll gewesen, führte sie aus. ärmere kantone bekommen heute geld aus dem gemeinsamen topf und reichere kantone, darunter zürich und zug, sind die zahler. von den behindertenorganisationen werde vor allem die neugestaltung der aufgabenteilung im sozialen bereich, also die neugestaltung der geldverschiebung im sozialbereich, abgelehnt, erklärte ursula zbinden. weshalb? geplant sei eine verschiebung von aufgaben vom bund an die kantone, um den bund finanziell zu entlasten. bisher seien wohnheime und werkstätten für behinderte menschen sowie die sonderschulung behinderter kinder von der invalidenversicherung einheitlich finanziert worden. auch die ergänzungsleistungen sowie die fort- und weiterbildung von fachpersonal seien heute vom bund geregelt.

bisheriger leistungsstandard für behinderte und betagte menschen nicht mehr garantiert das gut funktionierende system der behindertenhilfe soll nun ersetzt werden durch 26 kantonale sonderlösungen. jeder kanton soll eine eigene bürokratie aufbauen, die dann mit eigenen gesetzen und regelungen entscheidet welche ansprüche menschen mit behinderung haben. diese lawine von verschiedenen regelungen wird zu grossen ungleichheiten von kanton zu kanton führen. jeder kantonale verwaltung kann in zukunft eigene lösungen für wohnheime, werkstätten, sonderschulen und der ausbildung des personals für behinderte "erfinden", bei den heutigen leeren kassen vermutlich solche die möglichst nicht viel kosten. ergänzungsleistungsbeiträge für krankheits- und invaliditätsbedingte kosten der pflege zuhause und in den heimen fallen dann auch neu in die kompetenz jedes der 26 kantone und halbkantone. behindertenorganisationen befürchten, dass die leistungen der invalidenversicherung in der höhe von jährlich 2 milliarden franken, die dann neu den kantone zur verfügung stehen, sogar zweckentfremdet werden, da sie nicht zweckgebunden sind. vermutlich wird im definitiven gesetz, das vom parlament nach einem ja zum finanzausgleich noch diskutiert werden muss, keine zweckbindung der mittel enthalten sein, befürchtet ursula zbinden. das versprechen mit der neuen regelung sei der bisherige leistungsstandard für behinderte und betagte menschen garantiert, kann nicht eingelöst werden, schreibt der "verein behinderter gegen den neuen finanzausgleich" in einem flyer.

neuer finanzausgleich unsozial, ungerecht und unnötig
mit diesem neuen finanzausgleich wird gespart auf dem buckel der behinderten. beim sparen bei diesen menschen erwartete man am wenigstens widerstand, weniger als bei sparmassnahmen bei milliardenschweren verkehrsprojekten hinter denen starke interessengruppen stehen. vielleicht hat sich bern jedoch getäuscht. die machtvolle demonstration vor dem bundeshaus der behinderten am 16. oktober gegen den neuen finanzausgleich, mit weit über 10'000 teilnehmern und teilnehmerinnen, hat der bundesrat sicher nicht erwartet.

aus sicht der behindertenorganisationen ist die vorlage zum neuen finanzausgleich nicht nur unökonomisch sondern vor auch "unsozial, ungerecht und unnötig". (www.finanzausgleich.ch) deshalb empfehlen sie, zusammen mit dem schweizerischen gewerkschaftsbund, der sozialdemokratischen partei der schweiz und vielen anderen organisationen, am 28. november 2004 nein zu dieser vorlage zu stimmen.

 

auf den punkt gebracht
interessen gemeinschaft sozialer finanzausgleich:

_ soziale sicherheit ist eine prioritär
nationale aufgabe. erst recht im internationalen
umfeld.
_ die förderung der integration von menschen
mit behinderung ist eine aufgabe
des bundes (neue bundesverfassung, behindertengleichstellungsgesetz,
iv- und
el-gesetzgebung). das system der iv bedingt
die regelung von individuellen und
kollektiven leistungen durch den bund.
_ die sicherung des existenzbedarfs für bezüger/
innen von leistungen der ahv und
der iv (betagte und behinderte menschen)
ist bundesaufgabe. diese umfasst auch
die deckung von alters-, krankheits- und
behinderungsbedingten lebenskosten.
_ das zukunftsorientierte sozial- und
behindertenwesen bringt eine grosse
veränderungsbereitschaft mit. das bestehende
- insgesamt gut funktionierende -
system und die im entstehen begriffene
optimierung der behindertenpolitik dürfen
nicht zerschlagen werden.
_ es wären auch andere lösungen zu prüfen:
abgeltung der leistungen in den
kantonen durch pauschalbeiträge des
bundes (abgeltungsmodell) statt kantonalisierung.
_ die leistungen der sozialversicherungen
des bundes für behinderte und betagte
menschen dürfen nicht zur finanzierung
der aufgabenumverteilung missbraucht
werden.
_ die für die aufgabenverteilung zwischen
bund und kantonen formulierten entflechtungsziele
("wer zahlt, befiehlt")
werden im behindertenbereich verfehlt.
mit der notwendigen rahmengesetzgebung
widerspricht sich der nfa in seinen
eigenen grundzügen.
n kantonen ein nzieller spielraum ermöglicht
interessengemeinschaft sozialer
finanzausgleich.
mitglieder: dachorganisationenkonferenz
der privaten behindertenhilfe
dok. mitglieder: agile behinderten-
selbsthilfe schweiz; procap -
für menschen mit handicap,
schweiz. invaliden-verband; insieme
schweiz. vereinigung der elternvereine
für menschen mit einer
geistigen behinderung; autismus
schweiz elternverein; schweiz.
vereinigung zugunsten cerebral
gelähmter svcg; schweiz. arbeitsgemeinschaft
zur eingliederung
behinderter saeb; pro infirmis
schweiz; pro audito schweiz -
organisation für menschen mit
hörproblemen; schweiz. zentralverein
für das blindenwesen szb;
fragile suisse; schweiz. stiftung
pro mente sana pms; schweiz.
rheumaliga srl; lungenliga
schweiz lls; verband der heilpädagogischen
ausbildungsstätten vhpa);
insos soziale institutionen für menschen
mit behinderung schweiz, in
kooperation mit agogis (berufliche
bildung im sozialbereich); integras
fachverband sozial- und heilpädagogik;
sonos dachverband für
gehörlosen- und hörgeschädigten-
organisationen.
assoziierte mitglieder: sbs
schweiz. berufsverband soziale
arbeit; heimverband schweiz;
schweiz. arbeitsgemeinschaft für
aphasie; ig heilpädagogische
früherziehung; schweiz. epilepsie-
zentrum
ig sozialer finanzausgleich
c/o integras
am schanzengraben 15
8002 zürich
tel. 01 201 15 00
fax 01 201 23 25
www.finanzausgleich.ch
8) argumentarium ig sozialer finanzausgleich

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